Waldemar Otto (1929-2020)
Plastiken aus allen Schaffensphasen
Mit Waldemar Otto, einem der bekanntesten Bildhauer Deutschlands und letzten gegenständlich arbeitenden Bildhauer Deutschlands, arbeitete die Galerie Cohrs-Zirus über dreißig Jahre und in etlichen Ausstellungen zusammen. Bekannt wurde er durch die Präsentation seiner Werke in zahlreichen Ausstellungen von Worpswede über Santiago de Chile bis hin zur Eremitage in St. Petersburg. Viele seiner Arbeiten fanden Platz im öffentlichen Raum; die „Große Drehtür“ in der Lübecker Innenstadt, das „Heinrich-Heine-Denkmal“ auf dem Hamburger Rathausmarkt oder auch der „Neptunbrunnen“ auf dem Bremer Domshof sind zum bewunderten und beliebten Bestandteil des jeweiligen Stadtbildes geworden.
Ob der schlichte Akt, die mehrfigurige Komposition oder die Rückbesinnung auf antike Muster - in seinen Arbeiten ist immer ein aktueller gesellschaftlicher Bezug spürbar. Der Mensch von heute als Figur und in seiner Verflochtenheit in die Problematik unserer Zeit war das in unzähligen Varianten umkreiste Thema des Künstlers.
Waldemar Otto studierte unter der Direktion von Carl Hofer an der Hochschule für bildende Künstler in Berlin und war dann nach Lehrtätigkeiten in Indiana/USA und Braunschweig über zwanzig Jahre lang als Professor an der Bremer Kunsthochschule tätig. Die von ihm gegründete „Bremer Bildhauerschule“ wurde nicht nur unter Experten zu einem festen Begriff. Von 1976 an wohnte und arbeitete er in Worpswede.
Die Galerie Cohrs-Zirus hat seine Schaffensphasen begleitet und zeigt ständig eine repräsentative Auswahl seiner Plastiken aus allen Werkgruppen.
Adam ißt die Frucht, 1980,
Bronze, Höhe 94 cm
Minimalist, den Nullpunkt anbetend,
Bronze,Höhe 24,4 cm
Entwurf für ein Hamburger Kontorhaus III, 2006, Bronze, Höhe 22,5 cm
Flucht nach Ägypten, 2015, Bronze, Höhe 44 cm
Drehtür mittel, 1983, Bronze,
Höhe 64 cm
Christophorus, 2004, Bronze,
Höhe 24,4 cm
Das Matthias-Claudius-Denkmal
Nach einem großen Festgottesdienst im Park neben der Wandsbeker Christuskirche wurde 2015 Waldemar Ottos imposantes Matthias-Claudius-Denkmal enthüllt. In Wandsbek hat der Dichter, dessen Lied „Der Mond ist aufgegangen“ niemandem von uns unbekannt sein dürfte, die längste Zeit seines Lebens verbracht. Neben der Kirche liegt er auch begraben, zusammen mit seiner Frau. Am 21. Januar vor 200 Jahren ist er gestorben. Claudius war einer der bedeutendsten deutschen Lyriker. Die schlichte Innigkeit seiner Strophen, die sich mit einer höchst kunstvollen sprachlichen Textur verbindet, findet kaum Vergleichbares im deutschen Sprachraum. Franz Schubert hat sein Gedicht „Der Tod und das Mädchen“ kongenial vertont und sich später durch die gefundene Melodie zu einem großartigen, gleich betitelten Streichquartett anregen lassen. Die Gedichte Matthias Claudius´ fehlen in keiner deutschen Anthologie, vier von ihnen hat Rudolf Borchardt aufgenommen in seinen Band „Ewiger Vorrat deutscher Poesie“. Waldemar Otto hat sich der Aufgabe, zu Claudius´ Todestag ein Denkmal zu schaffen, mit großem Ernst gewidmet. Die sechs Meter breite und fast drei Meter hohe Arbeit stellt unter dem Halbkreis des bestirnten nächtlichen Firmaments den Dichter dem aufgehenden Mond gegenüber. Ein kompositorischer Einfall, der bildwirksamer kaum zu denken ist und sich gewiß mit den Empfindungen des zutiefst gläubigen Dichters trifft. Wie Claudius entstammt auch Otto einer alten Pastorenfamilie.
Abbildungen:
Entwurf I für das Matthias-Claudius-Denkmal, 2012, Bronze, Blattgold, Höhe 22 cm, Breite 43,3 cm
Entwurf II für das Matthias-Claudius-Denkmal, 2012, Bronze, Blattgold, Höhe 44 cm, Breite 83 cm
Protheus, Triton, Nereus
Drei Entwürfe
Triton, 1999, Bronze,
Höhe 28,4 cm, € 2.400,-
Nereus, 2000, Bronze,
Höhe 14,5 cm, € 2.200,-
Protheus, 1999, Bronze,
Höhe 26 cm, € 2.800,-
Waldemar Otto ist mit zahlreichen Arbeiten im öffentlichen Raum hervorgetreten - sei es in Bremen, Hamburg oder Berlin. Ganz besonderer Aufmerksamkeit erfreuen sich seine großen Brunnenentwürfe. In ihnen spiegelt sich die jahrzehntelange Auseinandersetzung mit den großen künstlerischen Vorbildern der Antike und ihren Themen: Lebenslust und Vergänglichkeit, Habsucht und Hass - und dem Tod. Viel scheint sich also an der Problematik menschlichen Tuns und Handelns nicht verändert zu haben. Und ihr Kern wird sich nie ändern.
Die drei Brunnenmodelle, die eine Auflage von jeweils zwölf Exemplaren haben, hat Waldemar Otto für den Rostocker Möwenbrunnen von 2001 angefertigt. Sie repräsentieren seine Arbeitsweise vorbildlich, sind auf Sandstein aufgesockelt, und ihre Patina leuchtet nach der eigenhändigen Behandlung durch den Künstler in einem lebendigen, verhaltenen Rot.
Triton, der Sohn des Meeresgottes Poseidon, vermag mit seiner zur Trompete geformten Muschel das Meer (des Lebens) zu bändigen; Protheus nutzt die Gabe seiner Wandlungsfähigkeit dazu, unliebsamen Fragen auszuweichen, und der Meeresgott Nereus, fähig zur Weissagung, scheint, vom Nachsinnen über das Tun und Lassen seiner Zeitgenossen gebeugt, ein wenig ratlos auf seinem Stein zu verharren.
Alte Frau im Sessel, 1973,
Bronze, Höhe 29 cm
Paar II, 1993, Bronze,
Höhe 28 cm
Weiblicher Torso XIX,
1996, Bronze,
Höhe 51,5 cm
"...und schon sind wir bei Waldemar Otto als einem der wenigen zeitgenössischen Künstler, welche die Tradition des deutschen Expressionismus in ihrer ganzen Bandbreite weiterführen. Diese Bandbreite geht von Otto Dix zu Käthe Kollwitz, von schärfster Analyse zu tiefem Mitgefühl, und es ist diese Bandbreite, die Waldemar Otto seit den 2000er-Jahren erreicht. Jede neue Werkgruppe ist ein bildhauerisches Erlebnis..."
(Arie Hartog, Direktor des Gerhard- Marcks-Hauses in Bremen, in seiner Eröffnungsrede zur Ausstellung „ Der Montalteser Zyklus 2015“
in der Galerie Cohrs-Zirus, Worpswede)
Kleiner Agamemnon III, 2003, Bronze, Höhe 40 cm
Montalteser III und Montalteserin, 2015,
Bronze, Höhe 37,7 cm und 31 cm
Figur mit Gewand XXI, 2004, Bronze, Höhe 40,5 cm
Fotos auf dieser Seite: Galerie Cohrs-Zirus, Worpswede, und Rüdiger Lubricht, Worpswede